Patrick Nagy

Projektleiter Fachbereich Prospektion der KantonsarchŠologie ZŸrich

 

 

Das Prospektionsprojekt Rheinau

 

Nur wenige Kilometer unterhalb des Rheinfalls liegen in umfliesst der Rhein in eeiner Doppelschlaufe des Rheins die beiden Halbinseln ãAuÒ (Rheinau ZH) und ãSchwabenÒ (Ortschaften Altenburg D), dazwischen befindet sich eine kleine Insel mit der bekannten Benediktinerabteiin der Mitte des Stromes die bekannte mittelalterliche .mit barocker Kirche

 

Altenburg und Rheinau mit ihren im GelŠnde noch gut sichtbaren Wallanlagen, dem Kloster sowie dem mittelalterliche StŠdtchen faszinierten Forscher schon frŸh.

Eine erste Nennung der archŠologischen Monumente von Altenburg und Rheinau stammen aus dem 16. Jahrhundert, als der Humanist Johannes Stumpf die sichtbaren Befestigungen mit den in den antiken schriftlichen Quellen genannten KŠmpfen zwischen Ršmern und Alamannen in Zusammenhang brachte.


Seit der zweiten HŠlfte des 19. Jh. wurden in und um Rheinau / Altenburg archŠologische und historische Forschungen in unterschiedlicher IntensitŠt und mit wechselnden Schwerpunkten durchgefŸhrt, wobei lange Zeit v.a. die Befestigungsanlagen und Siedlungsreste der keltischen Zeit im Vordergrund der Untersuchungen standen. Erst in jŸngerer Zeit wurde der Fokus auch auf das Kloster und das mittelalterliche StŠdtchen Rheinau gelegt.

 

Ferdinand Keller interpretierte als Erster die AbschnittswŠlle als mšgliche †berreste einheimischer Kelten. Die BestŠtigung, dass sich im 1. Jh. v. Chr. auf den beiden Halbinseln ein keltisches Oppidum befunden hat, erfolgte zu Beginn des 20. Jh., als bei Bauarbeiten und beim Kiesabbau auf der deutschen Seite wiederholt Keramikreste zum Vorschein kamen, welche von Georg Kraft richtigerweise als SpŠtlatneware erkannt wurde. Zwischen 1972 und 1975, dann wieder 1977 und zuletzt 1985 fanden auf deutscher Seite gršssere FlŠchengrabungen statt, wodurch ein guter Einblick in die keltische Besiedlung der Halbinsel Schwaben gelang.

Auf schweizerischer Seite stand die Untersuchung des Abschnittswalles in den Jahren 1936, 1981/82 sowie1989 im Zentrum der ForschungstŠtigkeiten. Die erbrachten verschiedene Bauphasen von der Bronzezeit bis ins Mittelalter. Erst seit den 90er Jahren des 20. Jh. wurden im Zusammenhang mit Bauprojekten im Rahmen von Notgrabungen auch im Areal der Halbinsel Au gršssere Bereiche des keltischen Oppidums untersucht.

 

Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts wurden v.a. im Gebiet von Altenburg auch wichtige Befunde und Funde aus dem Neolithikum, der Bronze- und Eisenzeit entdeckt.

 

Mit dem Beginn archŠologischer ProspektionsflŸge im Jahre 1988 wurde erstmals die Dichte der archŠologischen Strukturen wirklich erkannt. Die wasserdurchlŠssigen Schotterbšden bilden zusammen mit dem eher trockenen Klima (jŠhrliche NiederschlŠge nur 800-1000 mm) und geeigneter Bepflanzung (z.B. mit Getreide oder Gras) ideale Voraussetzungen fŸr den Nachweis von Bewuchsmerkmalen. In den vergangenen 18 Jahren wurde dank wiederholter Befliegungen eine grosse Zahl archŠologischer Strukturen dokumentiert, die wichtige Informationen zur prŠhistorischen bis neuzeitlichen Besiedlungsgeschichte des Areals liefern.

Bei den auf den Luftbildern sichtbaren Strukturen handelt es sich um GrubenhŠuser, Pfostenstellungen von LanghŠusern, BalkengrŠben kleinerer GebŠude, Palisaden sowie verschiedene Wege, hauptsŠchlich aber um Gruben und GrŠben unterschiedlicher Form und Gršsse; grossflŠchige Strukturen sind entweder als Konglomerat zahlreicher sich Ÿberlappender Einzelbefunde oder als Materialentnahmestellen anzusprechen. Die Befunde liegen wirr durcheinander und lassen meistens keinen klaren Bezug zueinander erkennen.

 

Dank archŠologischer ForschungstŠtigkeiten seit Ÿber 150 Jahren sind heute bereits zahlreiche Aspekte der Besiedlungsgeschichte von Rheinau und Umgebung bekannt. Die zahlreichen Grabungen und NoteinsŠtze der vergangenen Jahrzehnte sowie kleinere Prospektionsprojekte haben punktuell wichtige Erkenntnisse geliefert, insbesondere zur mittelalterlichen Siedlungsgeschichte und zum keltischen Oppidum. Die Ergebnisse kšnnen aber noch nicht einen gršsseren Kontext gestellt werden.

Im Zusammenhang mit der Definition von Rheinau als archŠologisches Schwerpunktgebiet wurde deshalb beschlossen, mittels Prospektion ein mšglichst umfassendes Inventar aller archŠologischer Fundstellen in einem geographisch definierten Kleinraum zu erarbeiten, um in der Folge bessere Aussagen zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte einer ganzen Landschaft machen zu kšnnen.

 

Die geplanten Arbeiten werden alle Aspekte archŠologischer Prospektion umfassen, sowohl zerstšrungsfreie wie Luftbildprospektion, Begehungen, geophysikalische Untersuchungen, Tauchprospektion oder Quellenstudium als auch Prospektionsmethoden, welche begrenzte Eingriffe in den Boden bedeuten (Bohrungen, Sondierungen).

 

Das Projekt erfolgt grenzŸberschreitend als binationales Forschungsprojekt in enger Zusammenarbeit zwischen der KantonsarchŠologie ZŸrich mit dem RegierungsprŠsidium Freiburg, Ref. 25 Ð Denkmalpflege sowie auf fachlicher Ebene interdisziplinŠr in enger Zusammenarbeit mit der UniversitŠt ZŸrich, Abteilung Ur- und FrŸhgeschichte des Historischen Seminars, der ETH ZŸrich, Institut fŸr Geophysik, dem Schweizerischen Landesmuseum ZŸrich, der Dokumentationsstelle Rheinau sowie zahlreichen weiteren Institutionen.

 

Nach ersten Vorarbeiten wurde im FrŸhling 2006 mit den Datenerhebungen im GelŠnde, in Archiven und Privatsammlungen begonnen. Im Vordergrund der AktivitŠten standen Feldbegehungen und Kartierungen, daneben Arbeiten mit dem Metalldetektor sowie erste Archivarbeiten (z.B. das Dokumentieren von Funden aus Privatsammlungen). Vom Rheinauer Abschnittswall wurde zudem ein dreidimensionales GelŠndemodell erstellt. All diese Arbeiten waren Teil eines mehrteiligen Lehrveranstaltungsprogrammes der UniversitŠt ZŸrich, Abteilung Ur- und FrŸhgeschichte des Historischen Seminars. An dieser Feldarbeit nahmen insgesamt 13 Studentinnen und Studenten, zwei ehrenamtliche Mitarbeiter sowie drei Mitarbeiter der KantonsarchŠologie ZŸrich teil, wobei in mehreren Gruppen an unterschiedlichen …rtlichkeiten und mit verschiedenen Fragestellungen gearbeitet wurde.

 

In den Monaten April und Mai 2006 fŸhrte das Institut fŸr Geophysik der ETH ZŸrich als Projektbeteiligte im Rahmen eines Feldkurses fŸr Studenten Testmessungen im Bereich archŠologisch und geologisch interessanter Areale durch. Die Studenten konnten sich im Rahmen dieser Messarbeiten einerseits praxisorientiert mit verschiedenen nicht-invasiven Methoden (Magnetik, Radar, Elektrik, EM 31 sowie Seismik) vertraut machen, andererseits wurden die Kenntnisse Ÿber archŠologische und geologische Befunde verbessert. Nach den Jahren 2004 und 2005 war dies bereits die dritte grossflŠchige Me§kampagne auf der Halbinsel. Die gesammelten und zur Zeit in Auswertung befindlichen Daten werden Ÿber die Art und Weise des weiteren Vorgehens ab 2007 entscheiden.

 

Im Herbst erfolgte ein zweiter Blockkurs, in welchem weitere Grunddaten gesammelt, die bisherigen Informationen verdichtet sowie erste Auswertungen durchgefŸhrt wurden.

 

FŸr 2007 ist ein erster Blick in den Untergrund geplant.

 

Das Prospektionsprojekt wird mehrere Jahre dauern und voraussichtlich um 2010 einen Abschluss finden.