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Institut für Archäologie Fachbereich Klassische Archäologie

The Meaning of Making. Der Handwerker und sein Artefakt im Griechenland des 6. und 5. Jh. v. Chr.

von Sophie Preiswerk

"Helmet Maker", Schalentondo des Antiphon Malers, um 480 v.u.Z., Oxford AM V 512 | © WikiCommons ArchaiOptix

Die archäologische Forschung zum archaischen Griechenland hat das lange 6. Jahrhundert v.u.Z. zurecht als eine bemerkenswerte Ära der handwerklichen Innovationen beschrieben, wie es etwa im quantitativen Anstieg sogenannter Künstlersignaturen, Selbstdarstellungen der Herstellenden in diversen Medien oder dem Einsatz neuer Techniken zum Ausdruck kommt, die eine besondere Beschäftigung mit dem Material bezeugen und die Aufmerksamkeit nahezu automatisch auf den herstellenden Menschen richten. Bislang standen hierbei Fragen nach der sozialen Stellung des Handwerkers, Veränderung in Stil und Bildinhalten im Übergang zur griechischen Klassik, und die Erforschung ökonomischer oder technischer Infrastrukturen im Vordergrund. Umfassende Untersuchungen der kulturhistorischen und ästhetischen Bedeutungsebenen von Technik, Materialbearbeitung, -manipulation oder gar -beherrschung mit dezidiertem Fokus auf die Artefakte selbst stehen allerdings noch aus. Vielmehr dominiert in kunst- und kulturhistorisch ausgerichteten Forschungstraditionen der Klassischen Archäologie häufig die im- oder explizite Vorstellung einer vornehmlich mentalen Präfiguration des Endproduktes, deren Umsetzung im Material ein zwar notwendiger, aber für Form und Bedeutung des Artefaktes nicht konstitutiver, sondern oftmals gar hemmender Vorgang sei. In archäologischen Auswertungen wird zwar die Wertschätzung und Wertigkeit von Materialien berücksichtigt, die Untersuchung von Wertigkeit und Wertschätzung des technischen Vorgangs und seiner Bedeutung steht allerdings noch aus. Hier setzt das Promotionsprojekt an.

Um die Bedeutungspotentiale von Technik und Materialbearbeitung auszuloten, beschäftigt sich das Promotionsprojekt mit der Frage, welche Spuren des "Machens" am Artefakt als Produkt eines wechselseitigen Aushandlungsprozesses zwischen dem herstellenden Menschen und dem Material festzustellen sind und welche Rückschlüsse sich hieraus auf eine "Handwerkskultur" des langen 6. Jahrhunderts v.u.Z. ziehen lassen. Wie können (neue) Techniken als materialdiskursive Ausdrücke am Artefakt definiert werden? Welche kulturhistorischen Haltungen zum Machen und dem Gemacht-Sein lassen sich daraus für den untersuchten Zeitraum ableiten? Zu welcher Neubewertung kann die eingenommene Perspektive für die uns gut bekannten Artefakte der griechischen Archaik führen? 

Um diese Fragen zu erörtern, werden Artefakte als greifbare Spuren derjenigen Gesten aufgefasst, die sie konstruieren. Ausgehend von den Materialgruppen Ton, Stein und Metall wird das Projekt anhand ausgewählter Fallstudien vorgehen, um so die prozessuale Wechselseitigkeit von Mensch und Materialien zur Herstellung eines Objektes zu betonen. Die gezielte Einbindung von literarischen Quellen soll helfen, das hierbei gewonnene Bild zu vervollständigen. Der breite theoretische Rahmen der Arbeit fusst auf insbesondere sozialanthropologischen Ansätzen, die Herstellung und Handwerk in ihren prozessualen Aspekten und kulturellen Bedeutungseben fassbar zu machen versuchen. Hierbei ist insbesondere das Konzept der technologischen Wahlmöglichkeit ("technological choices") zentral. Dieses beinhaltet die Vorstellung, dass technische Möglichkeiten nicht nur aufgrund blosser materieller Wirksamkeit ausgewählt und genutzt werden, sondern die Auswahl einer Technik insbesondere bei gleichzeitiger Verfügbarkeit zweckmässiger Alternativen bedeutungsvoll sein kann. Innerhalb der technologischen Spielräume ergeben sich mithin kulturhistorische Deutungsmöglichkeiten zur Beantwortung der oben aufgeworfenen Forschungsfragen. Das Dissertationsprojekt berührt damit nicht zuletzt aktuelle Fragen nach menschlicher Kreativität, Agency und gesellschaftlichen Haltungen zum "Gemachten". 

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