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Im Unterengadin hat sich am Nordhang des Inntals eine ausgedehnte Terrassenlandschaft erhalten, wie sie früher in vielen inneralpinen Tälern existierte. Aus historischen Quellen ist bekannt, dass diese Terrassen seit dem Hochmittelalter landwirtschaftlich genutzt wurden. Geoarchäologische und paläoökologische Untersuchungen in den 1990er Jahren haben jedoch Hinweise darauf ergeben, dass Ursprung und Entwicklung der Terrassen an den höheren Hanglagen eher in prähistorische Zeit einzustufen sind. In diese Richtung weisen auch die Ergebnisse jüngster archäologischer und paläoökologischer Untersuchungen in den angrenzenden Hochlagen der Silvretta, die einen Beginn der Beweidung der alpinen Zone bereits im Endneolithikum anzeigen.
Ein historischer, ökonomischer und landschaftsgeschichtlicher Zusammenhang zwischen der weidewirtschaftlichen Erschließung der Hochlagen und der landwirtschaftlichen Erschließung der Hanglagen ist zu vermuten. Um diesen komplexen und langwierigen Prozess zu erforschen, werden die Terrassen rund um Ramosch seit 2014 im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsnetzwerkes untersucht. Gegenstand sind dabei auch wichtige archäologische Fundstellen (Ramosch GR Motta und Mottata) und Befunde (Bewässerungsanlagen, Altwege, Wüstungen) im Umfeld der Terrassen sowie die postglaziale Landschaftsgeschichte und Geomorphologie der Untersuchungsregion. Die zur Anwendung kommenden Methoden umfassen Feldbegehung, 3D-Kartierung, geophysikalische Prospektion, Boden- und Sedimentanalysen, stratigraphische Ausgrabungen und chronometrische Datierungen. Neben dem frühesten anthropogenen Einfluss auf die Landschaft soll unter Berücksichtigung kulturhistorischer und paläoklimatischer Faktoren geklärt werden, welche Rolle die Terrassen in der (prä-)historischen Ressourcennutzung der inneren Alpen spielten. Außerdem sollen in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren Perspektiven für die nachhaltige Erhaltung und Nutzung der Terrassen entwickelt werden.
Prof. Dr. Della Casa Philippe, Thomas Reitmaier, Archäologischer Dienst Graubünden, Angelika Abderhalden, Arinas Environment AG, Katja Kothieringer, Till Sonnemann, Uni Bamberg, Bertil Mächtle, Uni Heidelberg, Karsten Lambers, Uni Leiden, Sasa Kosanic, Uni Konstanz