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Abstract: Arbeiten zur sozialen Struktur von Gesellschaften sind ein wesentlicher Teil der archäologischen Forschung. Macht, Gewalt und Herrschaft durchdringen sämtliche sozialen Interaktionen. Macht im Sinne von Max Weber wird paradigmatisch beschrieben als "die Möglichkeit Weniger ihre Interessen auch gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen." Archäologisch wird dieses Paradigma durch die Analyse von Prunkgräbern und herausragenden Siedlungsstrukturen zu belegen versucht. Diese Sichtweise geht davon aus, dass der prunkvoll Bestattete auch immer der Mächtige war und seine Interessen immer und überall durchsetzen konnte.
In meiner Arbeit wird Macht und Herrschaft nicht primär als einseitige Interessensdurchsetzung einiger Weniger verstanden, sondern als Machtfiguration, ein komplexes Geflecht wechselseitiger Beziehungen zwischen Personen und Gruppen innerhalb einer Gesellschaft. Macht, als immaterieller Teil sozialer Wirklichkeiten, kann mit archäologischen Methoden nur unscharf dargestellt werden. Die Merkmale, Quellen (Gründe für Macht) und die Prozesse der Machtbildung in prähistorischen Gesellschaften müssen mit soziologischen Modellen hergeleitet und den archäologischen Hinterlassenschaften (Landschaften, Siedlungen, Gräbern, Depots) plausibel gegenübergestellt werden.
Eine sinnvolle Verbindung der beiden Analysen lässt im Idealfall eine gelebte soziale Wirklichkeit entstehen die umfassender ist als die bisherigen Darstellungen von Macht als einseitiger Interessensdurchsetzung einiger Weniger. Soziale Wirklichkeiten unterstehen Veränderungen. Verändert sich die immaterielle Seite einer Kultur, hat das Veränderungen im materiellen Teil zur Folge. Die Urnenfelderzeit und die frühe Eisenzeit -beide mit Ihren mindestens regional entstehenden zentralörtlichen oder gar urbanistischen Siedlungsformen- bieten sich an solche Veränderungen darzustellen.