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Margarita Primas, geboren 1935, war eine herausragende Schweizer Prähistorikerin, die mit ihrer
Forschung und ihrem Engagement die Prähistorische Archäologie nachhaltig geprägt hat. Ihre
Entschlossenheit, wissenschaftliche Neugierde und ihr unermüdlicher Einsatz für die Erforschung
der Ur- und Frühgeschichte Europas bleibt denen, die sie gekannt haben und mit ihr
zusammenarbeiten durften, stets in Erinnerung. Ihr wissenschaftliches Erbe lebt in zahlreichen
Publikationen weiter, die bis heute als Referenzwerke dienen.
Nach ihrer Promotion im Jahr 1967 an der Universität Zürich mit der Dissertation "Die südschweizerischen Grabfunde der älteren Eisenzeit und ihre Chronologie" widmete sie sich intensiv der Erforschung prähistorischer Bestattungssitten. Ihre Habilitationsschrift von 1974, "Untersuchungen zu den Bestattungssitten der ausgehenden Kupfer- und frühen Bronzezeit", beleuchtete die vielfältigen Bestattungsriten dieser Epochen und fand breite Anerkennung in der Fachwelt.
Im Jahr 1976 wurde Margarita Primas zur außerordentlichen Professorin an der
Universität Zürich ernannt – eine der ersten Professorinnen unserer Universität überhaupt – bevor
sie 1987 eine ordentliche Professur erhielt. Bis zur Emeritierung im Jahr 2000 lehrte und forschte
sie dort und inspirierte zahlreiche Studierende mit ihrer Leidenschaft für die Archäologie.
Neben ihrer Lehrtätigkeit engagierte sich Margarita Primas in verschiedenen archäologischen
Material- und Feldprojekten. Ihre Forschungen zur Besiedlung der Insel Werd bei Eschenz eröffneten
der Fachwelt einen wichtigen und vielschichtigen Fundbestand, den sie zusammen mit
mehreren Co-Autor/innen 1983–89 in vier Bänden publizierte; die damals begründeten "Zürcher
Studien zur Archäologie" sind bis heute die monographische Reihe des Fachbereiches der
Prähistorischen Archäologie.
Margarita Primas legte ein besonderes Augenmerk auf die Untersuchung von Siedlungen und
Funden in der Schweiz, und dort gerade im Alpenraum. Ihr Werk "Archäologie zwischen
Vierwaldstättersee und Gotthard: Siedlungen und Funde der ur- und frühgeschichtlichen
Epochen" (1992) bietet einen tiefen Einblick in die Landschafts- und Besiedlungsgeschichte
dieser – lange archäologisch unbekannten –Region und gilt als frühes Standardwerk der alpinen
Archäologie. Im osteuropäischen Raum war sie, durch ihre Arbeiten an der Habilitationsschrift, gut vernetzt und bestens bekannt. 1988–90 engagierte sie sich als Grabungsleiterin in Tivat, Montenegro
(damals noch Jugoslawien) für die Ausgrabung des kupfer- und bronzezeitlichen Grabhügels
Velika Gruda, der ein sehr reiches Zentralgrab barg ("Hügelgräber des frühen 3. Jahrtausends v.
Chr. im Adriagebiet: Velika Gruda, Mala Gruda und ihr Kontext", 1996). Dieses Nationalfondsprojekt
mit zahlreichen Publikationen machte die Zürcher Prähistorische Archäologie – falls
das denn noch nötig war – weitherum bekannt. Es folgte ein langjähriges Grabungsprojekt im St. Galler Rheintal, an welchem über viele Jahre hindurch zahlreiche Studentinnen und Studenten archäologisches Handwerk erlernen und qualifizierende Arbeiten verfassen konnten ("Wartau, Ur- und frühgeschichtlich Siedlungen und Brandopferplatz im Alpenrheintal (Kanton St. Gallen, Schweiz)", 3 Bände, 2001–12). Bereits nach ihrer Emeritierung schliesslich publizierte Margarita Primas ein äusserlich unscheinbares, aber sehr inhaltstarkes Buch unter dem Titel "Bronzezeit zwischen Elbe und Po. Strukturwandel in Zentraleuropa 2200–800 v. Chr." (2008), das als ihr wissenschaftliches Vermächtnis in Kurzform gelten kann: "… kein Handbuch der Bronzezeit, sondern eine an Themen und Fragen orientierte Auseinandersetzung mit den Quellen einer ungefähr 1400 Jahre umfassenden Epoche ", wie sie damals selber im Vorwort schrieb.
Für ihre herausragenden Leistungen wurde Margarita Primas 2001 mit dem Europapreis der Prehistoric Society ausgezeichnet, eine renommierte Ehrung, die ihre bedeutenden Beiträge zur prähistorischen Forschung würdigte. Margarita Primas war nicht nur eine angesehene Wissenschaftlerin, sondern auch eine Mentorin und Wegbereiterin für viele Nachwuchsforscherinnen und -forscher. Ihr pragmatischer Ansatz und ihre Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge verständlich zu vermitteln, machten sie zu einer sehr geschätzten Dozentin und Kollegin. Ihre Fähigkeit, interdisziplinäre Ansätze zu integrieren und neue Perspektiven in der Archäologie zu eröffnen, hat das Fachgebiet bereichert und wird auch zukünftige Generationen von Archäologen inspirieren.
Margarita Primas verstarb am 28. Februar 2025 im Alter von fast 90 Jahren. In Dankbarkeit und
Anerkennung verneigen wir uns vor ihrem Lebenswerk. Mit ihr verliert die Universität Zürich und
die archäologische Gemeinschaft eine herausragende Forscherin, deren Arbeiten das Verständnis
der europäischen Ur- und Frühgeschichte maßgeblich beeinflusst haben und als
Vorbilder für kommende Generationen dienen.
Prof. Dr. Philippe Della Casa, Lehrstuhlinhaber der Prähistorischen Archäologie und Institutsleiter,
zusammen mit dem ganzen Team des Instituts für Archäologie der Universität Zürich
Eine 2016 erschiene Würdigung von Margarita Primas als eine der ersten Professorinnen der Universität Zürich finden Sie hier.
Sie können diesen Nachruf hier (PDF, 230 KB) herunterladen.