Navigation auf uzh.ch
Abstract: Am Husemersee bei Ossingen im Zürcher Weinland förderte der Torfabbau 1918 prähistorische Funde zu Tage. Das schweizerische Landesmuseum erfuhr durch Zufall von dieser Entdeckung und konnte den Torfabbau im Fundbereich am Ostufer des Sees stoppen. Noch im selben Jahr wurde eine erste Grabungskampagne durchgeführt – 1920 folgte eine weitere. Dokumentation und Fundmaterial der archäologischen Untersuchungen wurden zwar Auszugsweise ausgewertet und publiziert, doch eine systematische Aufarbeitung aller Daten war bislang nicht erfolgt. Diese gesamthafte Auswertung von Grabungsdokumentation und Fundmaterial bildet daher einen wichtigen Teil dieser Lizenziatsarbeit. Die aus heutiger Sicht lückenhafte Grabungsdokumentation, stellte dabei eine besondere Herausforderung dar. Trockeneissondagen – die dank der Unterstützung der Kantonsarchäologie Zürich durchgeführt werden konnten – erwiesen sich als geeignetster Weg, um die Datengrundlage mit minimalem personellem und finanziellem Aufwand zu erweitern.
Die Gesamtauswertung zeigte, dass vermutlich in der zweiten Hälfte des 7. Jahrtausends v.Chr. der Bereich der späteren Siedlung zu verlanden begann. Im frühen 4. Jahrtausend v.Chr. bewohnten erstmals Menschen das in diesem Bereich mehr oder weniger trockene, von Sumpf umgebene Seeufer. Diese erste Siedlungsphase endete etwa in der Mitte des 4. Jahrtausends v.Chr. Eine zweite Besiedlungsphase begann etwa im 28. Jahrhundert v.Chr. und dauerte bist spätestens zum Ende des Neolithikums. Das Fundinventar macht ein früheres Ende spätestens im 24. Jahrhundert v.Chr. wahrscheinlich. Eine Besiedlung während der frühen Bronzezeit darf jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden.
Eine zeitlich engere Abgrenzung der Besiedlungsphasen innerhalb des übergeordneten chronologischen Rahmens war nicht möglich, ebenso wenig wie die Zuweisung zu einer bestimmten Siedlungsregion. Zum einen aufgrund der Datengrundlage, zum anderen aufgrund der bisherigen chronologischen und regionalen Gliederung selber. Die Gründe für die Unzulänglichkeiten dieser Gliederung neolithischer Quellen der Schweiz wurden in einer forschungsgeschichtlichen Analyse untersucht, die einen zweiten Schwerpunkt der Lizenziatsarbeit bildet. Der Fokus der Analyse, und des daraus resultierenden Lösungsvorschlages, lag auf der Gliederung von Fundinventaren in regionale Einheiten, die in der Forschung bisher eher oberflächlich behandelt worden ist.
Nicht zuletzt sollte mit der Aufarbeitung des Altbestandes vom Husemersee gezeigt werden, dass solche Untersuchungen für den Erkenntnisgewinn der Archäologie ebenso zentral sind, wie die Bergung und Untersuchung neuer Sachquellen. Auch diese zwischenzeitlich vergessenen Inventare können Lücken in der Quellenlage füllen und damit zu neuen Ergebnissen aber auch zum besseren Schutz bekannter sowie unentdeckter Fundstellen beitragen.
Bisher publizierte Berichte zu Funden und Befunden vom Husemersee:
Jahresbericht Schweizerisches Landesmuseum 27, 1918, S. 41-42.
Jahresbericht Schweizerisches Landesmuseum 29, 1920, S. 18-20.
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 11, 1918, S. 31-32.
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 12, 1920, S. 59-61.
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 13, 1921, S. 36.
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 15, 1923, S. 52.
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 17, 1925, S. 39.
D. Viollier, Hausersee. Pfahlbauten. Zehnter Bericht. Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich 29, 4, 1924, S. 169-178.
J. Winiger, Das Fundmaterial von Thayngen-Weier im Rahmen der Pfyner Kultur. Monographien zur Ur- und Frühgeschichte der Schweiz 18 (Basel 1971), S. 80, 162-163, Taf. 75.